Kapitel 1: Mücken-Alarm

"Maria", sagte Paula, "ich finde es echt praktisch, dass ich Bobby nicht mitgenommen hab. Wenn er das Hündchen von der etwas älteren Dame knurren hören hätte, wäre er womöglich ausgeflippt und hätte es angegriffen."

"Wo ist Bobby denn jetzt?", fragte Maria.
"Ich hab ihn meiner Freundin Derya Saka anvertraut", sagte Paula. "Die kenne ich aus dem Studium. Sie mag Tiere."
"Du hast Eva und mir noch gar nichts von ihr erzählt!", rief Maria. "Hat sie denn ein Kind?"
"Äh... ja", sagte Paula. "Es heißt Fatma und ist, äh, manchmal ein bisschen frech."
"Ah!", sagte Maria.

Bei der Ankunft in den Bahamas waren alle WG-Bewohnerinnen und Tom und Nek ziemlich müde. Langsam schlenderten sie zum Passkontrollschalter. Danach setzten sie sich auf die Bänke bei den Gepäckbändern und warteten auf ihr Gepäck. Als jeder seinen Koffer hatte, begaben sie sich zum Ankunftsbereich des Flughafens.
"Wollen wir zu einem Shop gehen?", fragte Vanessa in die Runde.
"Ja. Zum Beispiel zu Dunkin Donuts", schlug Vera vor.
Nachdem sie aus dem Doughnutsgeschäft rausgegangen waren, liefen sie mit letzter Kraft zu ihrem Hotel. Draußen herrschte heller Sonnenschein, doch alle waren sehr schläfrig.
"Immer diese Zeitumstellung! In Deutschland wären wir jetzt schon längst im Bett!", murmelte Marie.
"Was ist denn so eine Zeitumstellung?", fragte Franziska.
"Zeitumstellung ist..." Marie überlegte kurz, wie sie Franziska verständlich erklären konnte, was Zeitumstellung war, dann sagte sie: "Franzi, du weißt doch, dass verschiedene Länder der Welt unterschiedlich auf der Erdkugel verteilt sind, oder?"
Franziska nickte. "Ja, ich glaube, das weiß ich."
"Gut", sagte Marie. "Weil das so ist, sind die Zeiten in den verschiedenen Ländern auch unterschiedlich. Die Bahamas zum Beispiel sind in einer anderen Zeitzone als in Deutschland. Deswegen ist hier jetzt ungefähr fünf Uhr nachmittags und in Deutschland schon ungefähr elf Uhr nachts."
"Verstehe", sagte Franziska.

Im Hotel angekommen gingen alle WG-Bewohnerinnen, Tom und Nek auf ihre Zimmer und ruhten sich aus.
Judith setzte sich still auf ihr Bett. Auch schon im Flugzeug hatte sie kaum etwas gesagt.
"Was ist los?", fragte Meti. "Verstört dich etwas?"
Judith zuckte die Schultern.
"Bist du müde vom Flug?", fragte Meti.
Judith schüttelte den Kopf. Sie vermisste Abdul, doch sie traute sich nicht, das zuzugeben.
"Jetzt sag schon!", sagte Evita ungeduldig.
"Bist du verknallt?", fragte Meti.
Evita warf ihr einen begeisterten Blick zu. "Bist du in einen Abdul mit einem dunkelgrünen Pullover verknallt?", rief sie.
Judith wurde rot.
"Vermisst du ihn, weil er nicht mit in die Bahamas gekommen ist?", fragte Evita weiter.
Judith versteckte sich unter ihrer Bettdecke.
"Willst du Abdul heiraten, aber euer Heiratsantrag wurde wegen der Reise abgelehnt?", wollte Evita wissen. "Seid ihr ein Paar?"
"Ich will Abdul nicht mal heiraten! Und selbst wenn ich gewollt hätte, hätte ich dich auch nie zur Hochzeitsfeier eingeladen!", zischte Judith unter der Bettdecke.
"Oh, das finde ich jetzt aber wirklich sehr schade", tat Evita so, als würde sie ironieren. Eigentlich verstörte sie das, was Judith gerade gesagt hatte, viel mehr, als sie zugeben wollte.
"Hättest du mich zur Hochzeitsfeier einladen?", fragte Meti.
"Ja, vielleicht", erwiderte Judith. "Nicht unbedingt."
"Aber eigentlich wollten wir ja darüber reden, was dich verstört", sagte Evita, die so schnell wie möglich das Thema wechseln wollte.
"Mensch, jetzt machst du mich aber echt filigran!", schrie Judith und kam unter ihrer Decke hervor.
"Eher fragil", neckte Evita sie. "Filigran können Menschen nicht sein."
"Genug!", schrie Judith und rannte in die Lobby.
Evita zeigte noch auf sie und rief ihr lachend hinterher: "Haha, Judith, du bist eine filigrane dumme Vase voll Blumen für Abdul!"
"Wollen wir auch in die Lobby gehen? Dann können wir Judith weiter ärgern", schlug Meti vor.
Evita fand die Idee super. Die zwei gingen in die Lobby und setzten sich auf das cremefarbene Ledersofa, das zwischen zwei tropischen Topfpflanzen stand.
Als Judith die beiden bemerkte, lief sie aus dem Hotel und versteckte sich hinter einer Palme.
"Suchen wir sie besser nicht", sagte Meti. "Das spart Zeit."
"Ja, bestimmt kommt sie wieder, sobald sie nicht mehr so superfrustriert ist wegen meinen Witzchen", stimmte Evita zu.
Doch Judith dachte gar nicht daran. Sie blieb stur hinter der Palme und kramte ihr Handy aus der Hosentasche. Bald darauf erschien Abduls Kopf auf dem Bildschirm.
"Abdul!", rief Judith aufgebracht. "Evita ist so gemein! Ich meine, ich versteck' mich jetzt vor ihr hinter einer Palme!"
"Reg dich ab", sagte Abdul ruhig und Judith sah, wie er eine Packung Kaugummis aus einer Schublade holte und sich ein Kaugummi in den Mund steckte.
"Ja, versuch' ich ja, aber Evita wird von Tag zu Tag gemeiner!", rief Judith.
"Öhm..." Abdul versuchte, irgendetwas zu sagen, doch Judith fiel ihm ins Wort. "Und das schlimmste ist", schrie sie und Abdul hatte das gefühl, ihr Kopf könnte jeden Moment explodieren, "dass Evita Meti total auf ihre Seite zieht und Meti nur noch für sie ist!"
"Aha...", sagte Abdul langsam, doch wieder unterbrach ihn Judith. "Weil Evita weiß, dass ich... also... halt... in dich verknallt bin, macht sie sich total fies über mich lustig!" Sie war kurz davor, in Tränen auszubrechen.
"Äh... Du könnest vielleicht ein Kopftuch tragen, damit Evita dich nicht erkennt", schlug Abdul vor.
Judith zuckte zusammen. "Ah... äh... Guter Plan, nur... es kratzt mich am Kopf, wenn ich eine Kopfbedeckung trage, weißt du?" Sie betrachtete ihre langen blonden Haare mit der türkisen Strähne.
"Und warum hast du dann in London eine Mütze getragen?", fragte Abdul misstrauisch. "Und zwar als einzige?"
"Weil es da so kalt ist!", sagte Judith schnell.

 

Vera ging auf Charlotte, Carla und Anne zu.
Charlotte trug Merle in einem Tragesystem.
"Hallöchen, Merlilein!", sagte Vera erfreut und holte ein großes, tropfendes Fruchteis am Stiel aus einer Tasche.

Damit wedelte sie vor Merles Köpfchen herum.
Merle strampelte aufgeregt mit ihren Beinchen und grabschte mit ihren winzigen Patschhändchen nach dem Eis. "Ahhs! Ahhs! Gib Ahhs her!"
"Was ist denn ein Ahhs, Merlilein?", fragte Vera.
Merle riss Vera das "Ahhs" aus der Hand und schleckte genüsslich.
"Das war aber nicht so nett, dass du mir das Ahhs aus der Hand gerissen hast, Merlilein!", schimpfte Vera und wedelte mit dem Zeigefinger vor Merles Kopf herum.
"Mann, jetzt lass meine arme kleine Merle doch mal in Ruhe, Vera!", rief Charlotte.
"Ist ja schon gut", murmelte Vera und packte das Eis zurück in die Tasche. "Brauchst jetzt nicht gleich wütend werden!"
"Was zickst du mich an?! Ich bin nicht wütend!", schrie Charlotte.
"Doch. Und ich zicke dich nicht an", sagte Vera.
"Weißt du, ich find' das echt gar nicht lustig, mit dir zu streiten! Ich finde das total stressig und anstrengend!", zischte Charlotte.
"Guck doch nicht so böse", sagte Vera kleinlaut und wich einen Schritt zurück.
"Geh weg! Merle ist jetzt von der Situation überfordert!", schrie Charlotte.
Vera rannte weg.

Paula und Maria beugten sich über Paulas Handy.
Eva erschien auf dem Bildschirm. "Das konnte aber auch echt nur mir passieren!", schimpfte sie. "Guckt mal, was für 'ne riesige Bandage ich jetzt tragen muss!"
"Das tut mir aber leid für dich", sagte Maria leise.
"Mir auch", sagte Paula. Sie und Maria blickten Eva mitleidig an. Sie saß auf einem Stuhl. Neben ihr lagen Krücken. Ihr Fuß war mit einer dicken weißen Bandage umwickelt.
Plötzlich klatschte sich Maria an den Kopf. "Ach, Eva", sagte sie, "ich hab noch vergessen, mich bei dir zu entschuldigen. Ich hab die alte Dame ja provuziert." Sie holte tief Luft, dann fragte sie: "Vergibst du mir?"
"Vielleicht", sagte Eva.
Eine Minute lang herrschte Stille, dann hielt Maria es nicht mehr aus und raunte Paula etwas ins Ohr. Die Sätze, die Eva verstanden hatte, waren "Z schlchtes Gwisn", "Ch mus jtz infch hingn" und "Drf ch?"
Paula nickte.
"Äh... ich geh dann mal", sagte Maria.
Paula winkte ihr und schloss die Tür. Als Marias Schritte verklungen waren, sagte sie ein wenig verlegen: "Öhm... na ja... Sie ist... hingegangen."
"Wohin?", fragte Eva.
Paula schwieg.
Maria kam nicht wieder.
"Wohin ist Maria gegangen? Das wird langsam mysteriös!", sagte Eva eindringlich.
"Ist doch klar, wohin!", rief Paula.
"Und was hat sie dir ins Ohr geflüstert?", wollte Eva wissen.
"Dass sie jetzt hingeht!", sagte Paula.
"Wohin?!", rief Eva.
Paula warf den Kopf ind en Nacken. "Ins Gefängnis!", rief sie genervt. "Sie hat es einfach nicht mehr ausgehalten."
"Wie viele Jahre Knast hat Maria?", fragte Eva.
"Vielleicht ein halbes Jahr", vermutete Paula.

Judith ging ahnungslos in die Lobby.
Evita kicherte und zwinkerte Meti zu.
"Evita, ich finde, du bist hässlicher geworden", sagte Meti. Es klang auswendig gelernt.
"Warum beleidigst du mich?", fragte Evita. An ihrem ruhigen Gesichtsausdruck erkannte man, dass sie überhaupt nicht beleidigt war.
"Tu ich doch gar nicht", sagte Meti mit der selben auswendig gelernten Stimme wie vorher.
"Doch, du Zicke", sagte Evita.
Meti schlug sie auf den Kopf. Wenn man näher heranging, merkte man allerdings, dass sie das nur vorgetäuscht hatte.
Evita stand auf. "Äh..." Sie wurde kurz rot, als ob sie ihren Text vergessen hätte. "Gib mir mal dein Handy, Judith", sagte sie schließlich.
"Oh nein. Evita hat einen Verrücktheitsanfall", sagte Meti.
Evita riss Judith das Handy aus der Hand.
"So war das jetzt nicht gemeint. Werde wieder normal, Evita", sagte Meti.
Evita rannte mit Judiths Handy in ihr Hotelzimmer.
Meti rannte ihr automatisch hinterher.
Judith zögerte kurz, dann folgte sie den beiden.
Evita rammte mechanisch ihren Fuß in Judiths Bauch.
Judith wehrte sich. Schon bald war eine richtige Prügelei im Gange.
"Gib mir mein Handy wieder!", schrie Judith.
"Niemals", sagte Evita. Sie wirkte allerdings nicht so, dass sie das Handy um jeden Preis behalten wolle.
Judith schlug Evita mit voller Wucht auf den Kopf. "Ich will mein Handy zurück!", rief sie.
"Aua!", schrie Evita und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Kopf. Dann zuckte sie kurz zusammen und sagte schnell: "Warum hab ich Judiths Handy in der Hand und warum tut mein Kopf weh?"
Meti klärte sie immer noch mit der auswendig gelernten Stimme auf.
Evita und Meti vertrugen sich.
Judith stürmte mit ihrem Handy aus dem Zimmer und krachte die Tür zu. "Mir das Handy klauen zu wollen! Einfach unglaublich!"
Evita kicherte. "Du hast echt gut gespielt. Du könntest Schauspielerin werden!" Sie setzte sich auf ihr Bett und sagte grinsend: "Er war einfach zu gut, mein Plan! In der kurzen Zeit, wo wir alleine ohne sie im Zimmer waren, hab ich an ihrem Handy eine Wanze befestigt!"
Meti nickte stumm. Insgeheim tat ihr Judith doch ein bisschen leid.
Plötzlich sprang Evita auf. "Judith telefoniert mit jemandem!", rief sie. "Ich höre sie ab. Zum Glück nimmt die Wanze ja alles auf. Aha, Judith telefoniert mit diesem Abdul... Uh, sie tauschen nur irgendwelche Liebesschwüre aus und Judith erzählt ihm, wie mies es ist, dass ich ihr das Handy klauen wollte. Was ja eigentlich nur inszeniert war." Evita begann erneut zu kichern.

Am nächsten Tag saß Paula auf einem Stuhl in ihrem Zimmer und schaute auf ihrem Handy Fotos an, die Leute auf Instagram gepostet hatten. Ihr war langweilig. Maria saß im Gefängnis und Eva im Krankenhaus. Paula stand auf und seufzte. So machte eine coole Reise in die Bahamas überhaupt keinen Spaß.
Es klopfte.
Paula steckte ihr Handy in die Hosentasche und öffnete die Tür.
Greta und Christina kamen hereingerollt.
"Oh, du bist allein!", stellte Greta überrascht fest.
Paula nickte. "Ja, leider. Was wollt ihr?"
"Wir gehen an den Strand", erkärte Greta. "Möchtest du mitkommen?"
"Erst will ich wissen, wer noch alles mitkommt", sagte Paula.
"Alle außer Vera kommen mit", berichtete Greta. "Die will nicht, weil Charlotte mitkommt und sie sich mit Charlotte mal wieder gestritten hat."
Paula verdrehte die Augen. "War ja klar."
"Und, kommst du mit?", fragte Christina.
"Ja", sagte Paula. Kurz darauf saß sie bei den anderen am Strand und aß Eis. Christina erzählte ihr und Greta von der Zeit, wo sie noch in der spanischen Stadt Jerez gelebt hatte.
Plötzlich kam ein riesiger Schwarm Mücken auf die Hotelbewohner zu. Das Fruchteis und das Blut der vielen Menschen hatte sie angelockt.
Paula zückte ihr Mückenspray. Doch es half nichts. Die Mücken stachen und stachen gnadenlos weiter.
Merle weinte.
"Hilfe! Helft Merle!", schrie Charlotte panisch. Sie hatte keine Ahnung, was sie machen könnte.
Carla versuchte, Merle unter Charlottes T-Shirt zu quetschen, damit die Mücken nicht an sie herankamen. Es ging nicht. Charlottes T-Shirt war zu eng.
Julia telefonierte mit Mark. Sie fragte ihn, ob er einen Tipp hatte, wie sie die Mücken loswerden konnten. Mark wusste keinen Tipp.
Lina fuchtelte wild mit den Armen. Sie dachte, dass sie die Mücken so verscheuchen konnte. Doch es kam ganz anders: Die Mücken fühlten sich bedroht und wurden agressiv. Sie stachen wie verrückt auf Lina und die anderen ein.
Nek rief: "Lauft ins Wasser! Vielleicht stechen sie dort nicht!" Niemand folgte seinem Rat. Niemand hatte Badesachen dabei und traute sich, seine Kleidung nasszumachen. So lief nur Nek ins Wasser und wurde klitschnass.
Die anderen saßen nur hilflos da und sahen nervös dabei zu, wie die Mücken um sie herumschwirrten und stachen. Da hörten sie eine Stimme: "Rettung naht!" Es war Vera. Sie schwenkte eine Fliegenklatsche und ein extrastarkes Mückenspray. Schon bald waren die meisten Mücken entweder tot oder vertrieben.
Vanessa klopfte Vera auf die Schulter. "Gut gemacht", lobte sie.
"Richtig gut gemacht!", sagte Lisa.
Vera wurde rot und drehte den Kopf weg.
Als die Hotelbewohner  wieder ins Hotel gingen, ging Charlotte auf Vera zu. "Wollen wir uns vertragen?", seufzte sie.
Vera nickte. "Ja. Am besten für immer." Sie gab Charlotte die Hand.
"So ist's recht!", sagte Anne froh.

Evita lauschte. "Ah", sagte sie nach einer Weile, "Judith hat Abdul angerufen und ihm von den Mücken erzählt. Wahrscheinlich sitzt sie gerade noch auf dem Sofa in der Lobby", sagte sie. Nach einer Weile bemerkte sie, dass Judith das Handy gar nicht ausgeschaltet hatte und das Telefonat noch weiterging, obwohl Judith und Abdul gerade nichts sagten. Evita vermutete, dass die beiden sich gerade vorstellten, bei der jeweils anderen Person zu sein und ihr tief in die Augen zu schauen. Plötzlich fing Judith wieder an zu sprechen.
Nicht nur Judith wurde gerade bei einem Telefonat belauscht, sondern auch Lia. Sie telefonierte mit ihrer Mutter und wurde dabei von Tanja belauscht.
Hmm, dachte Tanja, Lia redet ukrainisch. Dieses Gespräch ist bestimmt sehr wichtig. Vielleicht kann ich sie besser verstehen, wenn ich noch näher an das Fenster heranrücke. Welch Glück! Es steht offen! Ich habe freie Bahn! Sie lauschte. Nach ein paar Minuten dachte sie: Interessant! Lia heißt gar nicht Lia, sondern Lana-Viktoria! Und neulich lebt ihr Vater nicht mehr, weil er im Krieg erschossen wurde! Ja, ja, der Ukraine-Krieg! Bald wird auch einer stattfinden zwischen mir und Lana-Viktoria! Ha, ich bin so schadenfroh!
Als Lia auflegte und traurig, aber kurz seufzte, fragte Runa: "Mit wem hast du geredet? Und auf welcher Sprache?"
"Ich hab mit Mama auf ukrainisch geredet", antwortete Lia betrübt.
"Ehrlich, ich hab kein Wort verstanden", gab Runa zu.
"Kann ich mir vorstellen", sagte Lia.
"Und worüber habt ihr so geredet?", fragte Runa.
Lia setzte sich auf einen Stuhl. "Mama hat mir erzählt, dass ich in in Wirklichkeit gar nicht Lia heiße, sondern Lana-Viktoria. Und dass..." Lia stockte und sah zu Boden.
"Und dass was?", fragte Runa.
Lia senkte den Kopf und sah Runa mit feuchten Augen an. "Dass... Papa im Krieg erschossen wurde", murmelte sie.
"Waaas?", schrie Runa. Als sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte, fragte sie: "Und willst du Lana-Viktoria heißen?"
"Nein", erwiderte Lia leise. "Natürlich nicht. Ich war immer Lia. Alle haben mich immer Lia genannt. Warum sollte ich plötzlich Lana-Viktoria heißen wollen? Ich will Lia bleiben!"
"Und dass dein Vater wieder lebt, willst du auch, oder?", fragte Runa.
"Na klar", erwiderte Lia. "Vielleicht will ich das sogar mehr, als Lia zu heißen." Sie holte ihren Rucksack und kramte ein altes, ein wenig zerknittertes Foto aus ihm hervor. Sie betrachtete das Foto und seufzte. Auf dem Foto sah man sie, wie sie neben ihrem Vater stand. Beide sahen sehr fröhlich aus.
"Ich wäre auch ein richtig böser Mensch, wenn ich das nicht so wollte", sagte sie und drehte den Kopf, damit Runa nicht sah, wie eine dicke Träne auf dem Foto landete.
Runa sah zu Jenny, die mit dem Mann, den sie bei dem Tanzball und an Silvester in der Bar getroffen Video-Chat machte. Er hieß Karsten und Jenny fand ihn sehr nett...

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