Kapitel 7: Die Königin der Nashörner von Sumatra

"Boah, Eva, ich vermisse Maria jetzt einfach zu doll. Sie muss einfach aus dem Gefängnis freikommen, sonst sterbe ich oder kriege riesige Depressionen."
Eva setzte sich auf das Sofa und legte ihre Krücken beiseite.
Paula blickte zur Decke hinauf. "Möge Gott Maria aus dem Gefängnis befreien und ihr ihre Sünden vergeben", betete sie, ohne dabei richtig an Gott zu glauben. Sie war zwar nicht gläubig, aber ein kleines Gebet konnte bestimmt nicht schaden.
"Paula", warnte Eva, "du wirst peinlich."
Paula erhob sich schwerfällig von ihrem Stuhl, auf dem sie gekniet hatte. "Ich schreibe ihr jetzt einen Brief."
"Noch einen?", fragte Eva. "Wie altmodisch! Kannst du ihr nicht einfach eine SMS schicken?"
"Nein, die SMS würde, glaube ich, nicht bei ihr ankommen. Deswegen schreibe ich ihr Briefe. Keine Sorge, ich find’s auch altmodisch."
Eva stand ebenfalls auf und griff nach ihren Krücken. "Peinlich, peinlich, peinlich."
Paula schrieb an Maria:
Hi Maria,
bei uns ist eigentlich gar nix los, was du verpassen würdest. Wir langweilen uns auch. Du ja bestimmt auch.
Paula und Eva

Eva humpelte nach draußen, um den Brief in den Briefkasten zu werfen.

Judith seufzte traurig. Vor ein paar Stunden war Abdul abgeflogen, da er in Saudi-Arabien gebraucht wurde. Aber ohne einen Boyfriend konnte sie nicht leben! Sie brauchte einen, und zwar so schnell wie möglich. Am besten Abdul, aber das ging ja nicht. Was war mit Nek? Klar, der war mit Stella zusammen, aber bekanntlich hatten die beiden auch immer mal wieder Krisen. Judith konnte es ja mal versuchen. Leider stellte sich der Versuch als sinnlos heraus, da die
beiden gerade offenbar keine Krise hatten. Judith sah durch das Hotelfenster, wie sie kuschelten. Widerlich! Und als sie sie sahen, warfen sie ihr giftige Blicke zu und streckten ihr die Zunge heraus!
Judith erwiderte die Blicke und verschwand aus dem Sichtfeld der beiden. Fehlversuch! Aber wenn Nek irgendwann allein ist, werde ich ihm einen Besuch abstatten, dachte Judith. Und aus diesem harmlosen Besuch wird dann ein großer Kuschelbesuch werden!
So ein Glück! Stella ging ins Hotel - und Judith verließ es. Sie ging schnurstracks auf Nek zu, der nun allein am Strand lag und sein Buch las.
"Hallo Nek!", begrüßte sie ihn.
Nek warf ihr einen ironisch giftigen Blick zu und streckte ihr ironisch die Zunge heraus.
"Du hast nicht zufällig eine Krise mit Stella?", fragte Judith.
"Nö", sagte Nek, "nicht die Spur. Die ist nur aufs Klo."
"Keine Ausreden! Man merkt, dass du eine Krise mit Stella hast!", schwindelte Judith. Sie setzte sich neben ihn. "Aber mit mir wirst du ganz bestimmt keine Krise haben!" Sie deutete selbstsicher auf sich.
"Lass das", sagte Nek. "Ich hab mit Stella echt keine Krise."
"Oh doch!", log Judith und rückte noch ein Stückchen näher zu Nek. "Jedenfalls wirst du sehr bald eine mit ihr haben!"
"Ich will aber keine Krise mit Stella haben", sagte Nek. "Krisen mit Stella sind schrecklich. Und jetzt geh weg." Er hielt sich sein Buch direkt vor die Nase, als könne ihn das schützen.
Judith blieb bei ihm. "Ich weiß, dass du eine Krise mit Stella hast!", beharrte sie.
"Du lügst", murmelte Nek und versuchte, sich in sein Buch zu vertiefen.
"Was ich sage, ist aber wahr!" Judith lehnte langsam den Kopf an seine Schulter.
"Nein!", brüllte Nek, leider im falschen Moment, denn er hatte es aus Versehen in Stellas Richtung gesagt, die auf ihn zugelaufen war und sich nun wieder von ihm abwandte.
"Da siehst du’s: Du hast eine Krise mmit Stella!", sagte Judith zufrieden und zeigte auf die ihm den Rücken zukehrende Stella.
"Stella, hilf mir", murmelte Nek und hielt sich sein Buch noch dichter vor die Nase.
"Sie wird dir nicht mehr helfen!", erklärte Judith.
Nek stand abrupt auf. "Stella, komm zurück", flehte er. "Das Nein hab ich zu Judith und nicht zu dir gesagt."
Stella drehte sich wieder zu Nek um. "Ach so. Gut gemacht." Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn weg. "Und halt dich bitte von dieser gefährlichen Judith fern."
"Sie ist zu mir gegangen und nicht ich zu ihr", verpetzte Nek Judith.
Judith sah den beiden böse nach. Vor allem Stella erntete sehr viele böse Blicke von ihr.
Plötzlich kam ein gutaussehender rothaariger Mann auf sie zu. "Hi", sagte er.
Judith erkannte ihn. Er war Timon, der Freund von Abdul. Eigentlich auch ganz niedlich, dachte sie sich.
Er trug ein hellblaues T-Shirt mit der Aufschrift "NYC Surf", eine orangene knielange Hose und weiße Sneaker. Seine Haare waren nicht so dunkelrot wie Tanjas, sondern etwas heller, eher orange.
"Hi", sagte auch Judith und ihr Herz schlug ein kleines bisschen höher. War sie jetzt etwa auch noch in Timon verliebt? Sie musste sich eingestehen, dass sie wirklich verrückt war.
"Abdul ist jetzt in Saudi-Arabien, ne?", fragte Timon freundlich.
"Ja", brachte Judith automatisch hervor. Oje, was Abdul wohl von ihr denken würde, wenn er erfuhre, dass sie in Timon verknallt war!
"Und, wie verkraftest du das?", fragte Timon weiter.
"Äh, ganz okay", antwortete Judith. Warum fragte er sie bloß? Bestimmt nur, um einen Smalltawk anzufangen.

"Also, warum habt ihr euch in unseren Chat geheckt?", fragte Vanessa, die Vera und Lisa mit Lukas zusammen inzwischen gefunden hatte, streng.
"D-das war rein instinktiv!", behauptete Lisa.
"Genau!", fügte Vera hinzu. "Das war wirklich rein instinktiv."
Plötzlich kam Lisa ein Gedanke, wie sie das Thema wechseln konnte. "Ah, übrigens, Leute, ich muss euch mal was sagen", sagte sie, sehr froh darüber, bald abhauen und sich so aus der unangenehmen Situation retten zu können. "Eigentlich müsste ich schon seit auf jeden Fall über einem halben Jahr in Deutschland sein und mein Ernährungswissenschaft-Studium weitermachen. Ist es okay für euch, wenn ich schon morgen losfliege?"
"Ja", sagte Vera ein wenig schockiert. "Am besten schon heute. Sonst könnte es Ärger geben!"
Lisa packte hastig die Koffer und machte sich auf den Weg zum Flughafen.

Maria klopfte an die Tür zu Paulas und Evas Hotelzimmer.
Paula öffnete, da Eva es dank den Krücken nicht konnte.
"Hi!", sagte Maria fröhlich.
"Hi Maria!", sagte Paula überrascht.
Maria erzählte den beiden, dass die Polizei herausgefunden hat, dass doch die alte Dame in London schuldig war und sie deshalb spontan freigelassen wurde.
Paula und Eva freuten sich.

"Aaah!", entfuhr es Marie. "Oh nein, oh nein, oooh nein. Das kann doch jetzt nicht wahr sein, Franziska. Das kann doch jetzt einfach nicht waaahr sein. Unser gutes Werk, von uns selbst zerstört." Sie betrachtete das kleine grüne Häufchen, das vorhin noch ein Zelt gewesen war.
"Das liegt nur daran, dass Zoe nicht mitgekommen ist. Die kennt sich mit Zelten ja sicher bestens aus", sagte Franziska negativ.
Zwei junge Touristinnen kamen auf die beiden zu.
"Sprecht ihr deutsch?", fragte die kleinere von den beiden.
"Können wir euch helfen? Euer Zelt scheint ja kaputtgegangen zu sein", sagte die andere.
"Ja, bitte", sagte Marie.
"Cool, ihr sprecht auch Deutsch! Wir können nämlich nur Deutsch!", freute sich Franziska.
Marie wedelte mit dem Zeigefinger vor ihrer Nase herum. "Ich nicht! Ich kann auch Englisch, Französisch, Niederländisch, Spanisch, Portugiesisch, Japanisch und Afrikaans. Ach ja, und noch Suaheli und Polnisch und Luxemburgisch."
"Bitte, Marie. Darauf kommt es jetzt nicht an. Die wollen uns helfen und nicht deine Sprachen hören."
Doch Marie war nicht mehr zu bremsen. Wenn es um Geografie ging, konnte niemand sie aufhalten. Das war für Franziska immer besonders nervig. Marie fragte die beiden, wie sie hießen und woher sie kamen.
"Ich bin Malu und meine Eltern kommen aus Tonga", stellte sich die größere von den beiden vor. Sie hatte lange schwarze Haare, braune Augen, eine markante Nase, volle Lippen und eine hellbraune Haut.
"Ich bin Sari", sagte die kleinere. "Ich wurde in Singapur geboren, aber ich bin mit vier nach Deutschland gekommen." Sie hatte ebenfalls braune Augen und schwarze Haare, doch sie hatte noch ein paar rosarote Strähnen. Ihre Nase war ziemlich klein.
"Mit vier was?", fragte Franziska. "Mit vier Gummibärchen?"
"Nein, mit vier Jahren natürlich", sagte Sari lachend.
"So, aber jetzt zum Zelt", sagte Marie. "Ist es kaputt oder kann man es noch aufbauen?"
Malu und Sari betasteten und betrachteten das Zelt sorgfältig, dann entschied Malu: "Das Zelt ist nicht kaputt. Man kann es durchaus wieder aufbauen."
"Ja", stimmte Sari ihr zu und nickte.
Somit bauten sie das Zelt alle gemeinsam wieder auf und genossen den Rest des Tages die Sonne am Strand.

Evita tippte auf das erste Foto. Auf dem Handybildschirm erschien das erste Bild, das Meti ihr geschickt hatte: Sie trug das grüne Kleid und hatte Lianen in den Haaren und streichelte ein Nashorn.
Auf dem zweiten Bild trug sie die selbe Kleidung und lief mit Nashörnern durch den Dschungel.
Auf dem dritten Foto ritt sie auf einem Nashorn mit einem fast einen Meter langen Horn und auf ihren Schultern und ihrem Kopf saßen bunte Papageien.
Auf dem vierten Bild war ein kleiner heruntergekommener Kiosk zu sehen, in dem ein großes Poster vom dritten Foto hing.
Viele Grüße aus Sumatra,
Meti

stand unter den Bildern.
Ich dachte, Meti will einen alten Kiosk übernehmen, stattdessen macht sie coole Filme und wird zur Königin der Nashörner!, dachte Evita.
Da erschien eine Nachricht von Meti:
Natürlich bin ich die meiste Zeit im Kiosk. Die Regenwaldfotos sollen nur Kunden
anlocken.
 

Nandre blieb vor einem großen Plakat stehen, das an der U-Bahn-Station hing. "'Ich suche einen Rechtsanwalt. Bitte melde dich so bald wie möglich bei mir, wenn du Interesse an dem Job hast. Du kannst mich unter dieser Nummer anrufen: 666'", las er vor.
"Klingt gut, oder?", fragte Zarah.
"Ja, und wunderbar kriminell. Als Kind wollte ich schon immer kriminell sein."
"Echt? Ich auch!"
"Wir passen eben."
"Woher weißt du eigentlich, dass die kriminell sind?"
"Na ja, sechs sechs sechs ist die Teufelszahl und Rechtsanwälte stehen oft im Dienste sehr krimineller Mafiabosse."
"Dann können wir unseren Kindheitstraum ja endlich verwirklichen!" Zarah klatschte in die Hände.
Nandre gab in seinem Handy die Nummer sechs sechs sechs ein. "Wir bewerben uns jetzt!"
Auf dem Bildschirm erschien eine andere Nummer. Ruf mich besser auf dieser Nummer an, 666 funktioniert nicht, stand darunter.
Nandre gab die Nummer ein.
Der vermutliche Kriminelle ging ran. "Hallo, bist du kriminell?", fragte er als Begrüßung.
"Wir sind zwei Leute: Zarah und Nandre Schuhmacher. Wir sind zwar noch nicht kriminell, aber wir wären es sehr gern", sagte Nandre.
"Gut. Endlich finde ich mal wen anständiges. Meinen Namen dürft ihr aber trotzdem erst erfahren, wenn ihr zu der Hausnummer einhundertdreiundzwanzig in der geheimen Stadt, die jeder Kriminelle kennt, geht. Ich muss nämlich sichergehen, dass ihr keine Betrüger oder Spione der Polizei seid", sagte der Kriminelle.
"Wir schwören, dass wir keine Spione oder Betrüger sind und wir kennen die geheime Stadt", sagte Nandre mit beschwörender Stimme. Nachdem er mit dieser beschwörenden, beinahe hypnotisierenden Stimme gesprochen hatte, wurde ihm bewusst, dass er gerade ein Erweckungserlebnis durchlebt hatte. Es
war klar, dass ab diesem Moment nichts so sein würde wie zuvor. Dieser Moment hatte sein Leben grundlegend verändert. Nun beherrrschte er die Kraft der Hypnose, und er wusste, dass ihm dies ungeahnte Möglichkeiten eröffnen würde.
Zarah starrte ihn mit einem Blick an, den er bei ihr noch nie zuvor gesehen hatte. Sie besaß die Kraft der Hypnose nun auch, erkannte er. Sie konnte einen mit ihrem Blick einlullen, er konnte einen mit seiner Stimme fesseln.
Und noch eine Erkentniss überkam ihn: Er konnte sich mit Zarah verständigen, ohne verbal mit ihr zu kommunizieren. Wenn er einen speziellen, hohen Ton von sich gab, konnte er ihr seine Gedanken mitteilen, ohne Wörter aussprechen zu müssen. Durch diesen besonderen, hohen Ton wurden Ultraschallsignale in sein Gehirn geleitet (alles in Lichtgeschwindigkeit natürlich), die seine Gedanken dann von seinem Kopf zu Zarahs leiteten. Das war alles so abstrakt, dass Nandre es sogar selbst nicht richtig begriff.
Ausgestattet mit ihren neuen Kräften setzten die beiden ihre Verwandlung fort.
Nandre und Zarah fingen unerlaubt in einem gerade nicht bewachten Teil eines Naturschutzgebiets Schlangen, um so an kostenloses Schlangenleder zu kommen, das sie zu Gürteln und Schuhen verarbeiteten.
Nandre verarbeitete die Schlangenzähne zu einer Halskette, die er sich um den Hals band.
Zarah nähte sich aus toten Schlangen einen ganzen Rock, mit dem sie wie eine dunkle Magierin oder eine geheimnissvolle Kräuterfrau aus einem verwunschenen Wald aussah.
Mit ihrer rätselhaften Kluft wollten sie ihre mystische Macht zum Ausdruck bringen und vielleicht sogar ihre hypnotischen Kräfte stärken.
Schon bald fand ihre erste Hypnose-Show statt. Zarah beschwor Schlangen mit ihrem irren Blick, Nandre spielte dazu eine leise, gruselig hohe Flötenmusik. Mit diesen hohen, schiefen Tönen konnte er nicht nur das Publikum und die Schlangen in Trance versetzen, sondern auch Gedankenkommunikation mit Zarah betreiben - unerkannt für das Publikum und die Schlangen.
Mit einer toten Schlange peitschte er das Publikum, wenn es nicht leise war.
Ein indischer Zuschauer war so begeistert von der Show, dass er Zarah und Nandre eine golden angemalte tote Kobra und Rauschmittel schenkte. Später stellte sich heraus, dass die Drogen eine Hypnose verstärkende Wirkung hatten, die es Nandre und Zarah ermöglichte, für eine kurze Zeit die Eigenschaft des jeweils anderen zu besitzen.

Marlen tätschelte ihren inzwischen ziemlich großen Bauch. "Dina ist ordentlich gewachsen", sagte sie zu Tom.
"Oh ja, bald muss sie raus", stimmte Tom zu.
"Wann, meinst du, ist es so weit?" Marlen sah ihn an.
"Hattest du nicht so einen Termin?", fragte Tom.
"Der war doch gestern", sagte Marlen. "Als die gecheckt haben, ob alles okay ist."
"Haben dir die Leute vom Termin nicht gesagt, wann die kleine Baby-Dina geboren wird?", wollte Tom wissen.
"Morgen oder übermorgen", sagte Marlen. Plötzlich merkte sie, wie das kleine Baby in ihrem Bauch ungeduldig mit den Beinchen strampelte und mit den Ärmchen fuchtelte. Sie spürte, dass Dina unbedingt rauswollte. "Ich glaube, wir müssen doch jetzt schon zum Krankenhaus", sagte sie lächelnd.
"Oh! Hast du starke Schmerzen?", fragte Tom besorgt und sprang auf.
"Nein, aber Dina ist ungeduldig", sagte Marlen.
Die beiden brachen zum Krankenhaus auf.

Maria seufzte. Doch es war kein normales Seufzen. Es war ein leicht
melancholisches Seufzen, das Paula nochnie gehört hatte. "Ist was?", fragte sie misstrauisch. "Du seufzt sonst nie so."
"Ich hab Heimweh nach Korea", gestand Maria.
Eva konnte ihr Heimweh gut verstehen, schließlich hatte der schlechte Eindruck von Gefängnis bestimmt eine negative Auswirkung auf Marias Gedanken über die Bahamas.
Paula fand Marias Heimweh nach Korea komisch. "Warum hast du plötzlich Heimweh nach Korea? In den Bahamas ist es doch auch schon so toll!"
"Paula, verstehst du denn gar nicht? Im Gefängnis war es doch so doof! Wie kann Maria die Bahamas denn dann noch so toll finden?", rief Eva aufgebracht.
Nach ein paar Minuten hatten sie abgemacht, dass Maria für zwei Wochen nach Korea durfte.
Die ersten zwölf Tage waren nicht so spannend wie der dreizehnte, an dem statt einem großen Unglück ein großes Glück passierte. Ein sehr großes.
Maria saß auf der Bank bei der Bushaltestelle und wartete auf den Bus, der zur Straße, in der ihre Eltern wohnten, fuhr.
Plötzlich lief ein Mann mit einem Labrador an ihr vorbei. Der Labrador sah Bobby sehr ähnlich. Ehe der Mann vorbeigelaufen war, sprach ihn Maria auf Koreanisch (sie vermutete nämlich, dass er weder Englisch noch Deutsch sprach) auf den Hund an: "Dein Hund sieht so aus wie der von meiner Freundin! Wie heißt er?"
"Bob", antwortete der Mann und blieb stehen.
Bob machte Männchen.
Der Koreaner gab ihm ein Leckerli und kraulte ihn hinter den Ohren. "Wow!" Maria kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. "Der Hund von meiner Freundin heißt Bobby! Die ist gerade auf den Bahamas, aber sie hat ihn nicht mitgenommen."
"Warum denn nicht? Man muss Hunde immer mitnehmen!"
"Der Flug wäre zu anstrengend. Aus Deutschland ist es zu weit. Außerdem mussten wir in London umsteigen."
"Ach so, ihr kommt aus Deutschland!"
"Ich bin keine Majestät!" Maria bemerkte nicht, wie der Bus, der inzwischen gekommen war, wieder abfuhr.
"Nein, ich meinte dich und deine Freundin. Übrigens, dein Bus fährt gerade ab."
"Oh nein! Ich hab ihn verpasst!"
"Oh. Äh... Ah. Ähm... Na ja."
"Hmm."
"Sorry, dass ich dich nicht gewarnt hab." Der Mann wischte sich den Schweiß von der Stirn.
"Alles gut."
"Was kann ich als Entschädigung machen?"
"Vielleicht beim nächsten Bus mitfahren?"
"Aber das ist ja gar keine Entschädigung! Das... Das ist ja ein Geschenk!"
"Hihi. Ja."
"Ich will dich nicht ausnutzen. Lassen wir das lieber."
"Nein, nein! Nur das wäre für mich eine Entschädigung!"
"Äh... Okay."
Der nächste Bus kam schon sehr bald.
Maria, der Mann und Bob stiegen ein.
Der Bus fuhr ab. Vor dem Haus von Marias Eltern stiegen sie aus.
Maria klingelte.
Die Tür ging nicht auf.
Ach so, Marias Eltern waren ja schwerhörig.
Maria klingelte nochmal.
"Wann fliegst du eigentlich ab?", fragte der Mann.
"Übermorgen. Ich fliege von Seoul aus nach Los Angeles, von da aus nach Atlanta und von da aus nach Nassau", erzählte Maria.
Der Mann wurde schweißgebadet. "Oh!", schrie er. "Ich nehme zwar den selben Weg, auch am selben Tag, fliege dann aber nicht nach Nassau! Und noch viel schlimmer ist, dass ich noch keinen einzigen Koffer gepackt habe!"
"Ich kann dir helfen", sagte Maria. "Und du kannst mit nach Nassau."
"Hast du noch ein Extra-Ticket?", wunderte sich der Mann.
"Ich kauf dir eins", sagte Maria.
"Das kann ich eigentlich auch selbst machen", sagte der Mann.
"Nee, das geht schon", sagte Maria.
Endlich ging die Tür auf.
Maria, der Mann und Bob gingen in die Wohnung rein.
"Wer ist das?", panikte Marias Mutter und zeigte angeekelt auf den Mann und Bob. "Ich möchte nicht, dass ein wildfremder Mann mit seinem schmutzigen Hund einfach so in meiner Wohnung herumläuft!"
"Geh schnell raus, wir treffen uns, nachdem bei meinen Eltern war, draußen", flüsterte Maria dem Mann zu.
Er lief mit Bob raus.
"Kind, du hast zugenommen!", sagte Marias Mutter besorgt.
"Nein, ich hab abgenommen!", protestierte Maria.
"Keine Ausreden! Möchtest du Tee?"

Judith ging los. Sie freute sich schon auf das Date mit Timon. Es gab jedoch ein Problem: Bald würde Abdul zurückkehren. Judith schob den Gedanken beiseite. Darum konnte sie sich später immer noch kümmern. Sie kam bei Timon an. "Hallo Timon!"
"Oh, hallo Judith!"
Judith setzte sich.
Timon setzte sich neben sie.
Judith rückte ein Stück näher an ihn heran.
Er ließ sich das gefallen und legte seinen Arm um ihre Schulter.
Judith lächelte.
Timon stupste ihren Fuß mit seinem an. Er zog sie noch näher zu sich und gab ihr schließlich einen Kuss auf die Wange. Und noch einen und noch einen. Und noch einen. Und noch einen ganz großen.
Judith rekelte sich überfordert. Sie war zu einer Schmuserei mit Timon noch nicht in der Lage. Langsam wurde es zur Qual, doch sie konnte nichts dagegen machen. So hatte sie sich das Date nicht vorgestellt. Schnell merkte sie, dass Abdul für sie doch der richtige war. Sie sprang schnell auf und lief aus dem Haus.

"Jona", sagte Christina feierlich zu Jona, "ich habe einen Entschluss gefasst: Willst du mit uns im Hotelzimmer wohnen?"
"Ja, gern!", sagte Jona begeistert.
"Gut", meinte Greta. "Fajnie."
"Fajnie?", fragte Jona irritiert.
"Ja, das bedeutet auf polnisch 'fein'", erklärte Greta...

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