Kapitel 8: Surferpaar
Marie, Zoe und Franziska gingen mit dem Zelt zum Strand.
Marie und Franziska freuten sich schon darauf, Malu und Sari wieder zu treffen.
Marie hatte auch ein Surfbrett dabei, weil ihr Surfen Spaß machte.
Am Strand kamen ihnen schon Malu und Sari entgegen und halfen ihnen, das Zelt aufzubauen.
Eine Weile saßen die fünf im Zelt.
Franziska verkrümelte sich hinten in einer Ecke des Zelts und guckte Handy.
Zoe, Marie, Malu und Sari saßen vorne.
Zoe erzählte Malu und Sari über ihre Heimat Jamaika, die gar nicht so weit von den Bahamas entfernt war.
Marie beobachtete einen Surfer, der waghalsige Salti auf den Wellen machte.
Schließlich sagte sie zu Malu und Sari: "Ich gehe mal zum Meer und frage diesen Surfer, wie er die Salti hinkriegt."
"Ja, klar", sagte Malu.
"Bring uns die Tricks später bei!", sagte Sari.
"Ja, genau", sagte Zoe.
Franziska gab kein Wort von sich.
Marie
klemmte sich ihr Surfbrett unter den Arm und ging durch das Wasser auf
den Surfer zu. "Wie kriegst du das hin?", fragte sie auf englisch.
Der Surfer brachte ihr ein paar Tricks bei. "Probier’s doch mal aus", sagte er am Ende.
Marie probierte es, doch sie fiel platschend ins Wasser. Sie lachte.
"Nicht schlimm. Meistens klappt das beim ersten Versuch noch nicht", sagte der Surfer.
Marie versuchte es noch einmal. Nach einigen Fehlversuchen bekam sie es hin. "Juhu! Es klappt!", rief sie.
Der Surfer runzelte die Stirn und machte ein fragendes Gesicht. "Was bedeutet das?", fragte er auf englisch.
"Ah,
entschuldigung", sagte Marie wieder auf englisch. "Ich hab aus Versehen
deutsch geredet. Das, was ich gesagt hab, bedeutet: 'Juhu! Es klappt!'"
Der Surfer klatschte überschwänglich. "Juhu. Es hat geklappt."
"Aus welchem Land kommst du?", fragte Marie.
"Mein Vater kommt aus Australien, meine Mutter aus Slowenien", erzählte der Surfer. "Wie heißt du?", fragte er dann.
"Marie
Schmidt", antwortete Marie. "Meine Mutter kommt aus Deutschland, mein
Vater halb aus Deutschland, halb aus Belgien. Sein Vater, also mein
Großvater, kommt aus einer Grenzregion zwischen der Wallonie und
Flandern. Meine besten Freundinnen sind eine Achtelluxemburgerin, eine
Jamaikanerin, eine Mexikanerin, eine Tongaerin und eine aus Singapur."
"Ah, spannend", sagte der Halb-Australier-Halb-Slowene. "Ich interessiere mich auch für Länder."
"Cool!",
rief Marie. "Du bist der erste Mensch in meinem Leben, der sich auch
für Länder und Geografie interessiert! Na ja, bis auf einen Mitschüler,
der aber leider die Schule gewechselt hat."
"Wie haben sich deine Eltern kennengelernt?", fragte der Surfer.
"Oh. Das weiß ich leider gar nicht mehr", sagte Marie. "Wie haben sich deine Eltern kennengelernt?"
"Zuerst
hat mein australischer Vater mit seinen Eltern Urlaub in Slowenien
gemacht. Dort lernte er meine Mutter kennen. Leider stammte sie aus sehr
armen Verhältnissen und er aus sehr reichen, deshalb wollten seine
Eltern nicht, dass die beiden heiraten. Sie hatten sich aber schon
ineinander verliebt. Die Eltern meiner Mutter waren aber sehr für die
Hochzeit und überzeugten die Eltern meines Vaters mit dem Argument, dass
meine Mutter sehr tüchtig arbeiten kann. Die Eltern meines Vaters
ließen sich überreden und stimmten der Hochzeit zu. Dann bekamen meine
Eltern mich."
"Was für eine romantische Geschichte", sagte Marie. "Wie heißt du denn?"
"Matej", sagte der Surfer.
"Ein slowenischer Name, schätze ich?", sagte Marie.
"Richtig geraten", sagte Matej. "Mein Nachname ist Smith."
"Fast so wie Schmidt", rief Marie.
"Ja, stimmt", bemerkte Matej.
Franziska sah von ihrem Handy auf. "Wo bleibt Marie denn so lange?", grummelte sie.
"Die surft da immer noch mit diesem komischen Surfer", sagte Zoe.
"Die beiden scheinen sich sehr zu mögen!", kicherte Sari.
"Vielleicht flirten sie sogar", flötete Malu.
"Aha. Sehr interessant." Franziska starrte wieder auf ihr Smartphone und tippte und scrollte darauf herum.
"Ja, sehr interessant, nicht wahr?", sagte Zoe begeistert.
Sari flüsterte Malu und Zoe etwas ins Ohr.
Die drei sahen sich entsetzt mit großen Augen an, dann fingen sie an zu lachen.
Zoe sah zu Marie und Matej aufs Meer hinaus. "Tja, Traumpaar eben", sagte sie.
"Kennengelernt beim Surfen auf den Bahamas", stellte Malu fest.
"Wie romantisch ist das denn", sagte Sari.
Franziska steckte ihr Handy weg und setzte sich zu ihnen.
Auf ein Zeichen von Zoe winkten die vier drauflos.
Marie
und Matej schienen sie zu sehen und surften ein Stückchen weiter auf
den Ozean hinaus. Offenbar wollten sie ein bisschen Zeit für sich zu
zweit haben.
Langsam verschwand die Sonne am Horizont.
Die Palmen wippten in der abendlichen Brise langsam hin und her.
Die Wellen kräuselten sich unter ihren Surfbrettern; der rötliche Himmel spiegelte sich in ihnen wieder.
Matej blickte zu Marie. Ein verheißungsvolles Lächeln umspielte seine Lippen.
Marie
stand auf ihrem Surfbrett und sah ihn an. Sie überlegte, ob sie seine
Hand greifen sollte. Doch ehe sie genauer darüber nachdenken konnte, tat
er es. Matej zog Marie auf eine große Welle. Die beiden surften eine
Weile schweigend nebeneinander auf dem haushohen Brecher. Dann glitt
Matej mühelos wieder nach unten, doch Marie fiel ins Wasser. Sie glaubte
schon fast zu ertrinken, doch Matej hielt sie immer noch an der Hand und zog
sie aus dem Wasser.
Marie stellte sich wieder auf ihr Surfbrett und nahm Matej in den Arm.
Die zwei trieben wieder auf den Strand zu. Mit den Surfbrettern unter den Armen wateten sie durch das flache Wasser.
Sie
suchten nach dem Zelt von Franziska, Zoe, Sari und Malu, doch es war
weg. Anscheinend waren Franziska, Zoe, Malu und Sari schon aufgebrochen,
weil es ihnen zu spät geworden war. Sie hatten nicht auf Marie
gewartet. Vielleicht hatten sie gedacht, Marie würde die ganze Nacht mit
Matej durchsurfen.
"Da deine Freundinnen ja jetzt weg sind", sagte Matej erleichtert, "kann ich dir jetzt ja etwas sagen."
"Ja?", sagte Marie und ihr Herz pochte schneller.
Matej räusperte sich umständlich. "Hoffentlich findest du es nicht zu verrückt", sagte er nach kurzem Zögern.
Marie lächelte. "Bestimmt nicht."
Matej holte tief Luft. "Es... Es tut mir leid, aber es kommt einfach nicht aus mir heraus." Er schaute auf sein Surfbrett und dann wieder zu ihr.
"Dann habe ich schon eine Ahnung, was du meinst", sagte Marie. "Ist es das?" Sie sah ihm hoffnungsvoll in die Augen.
"Ja", flüsterte Matej. Er drückte Maries Hand.
"Ich liebe dich auch", sagte Marie kaum hörbar.
Marie und Matej verschwanden Hand in Hand in der Schwärze der Nacht.
Am nächsten Morgen landete das Flugzeug aus Saudi-Arabien in den Bahamas im Flughafen Nassau.
Mit einem großen Rucksack auf dem Rücken ging Abdul Al-Abadi die Gangway hinunter. Er holte seine Koffer ab und ging aus dem Flughafen raus. Von dort aus ging er zum Hotel von Judith. Diese öffnete ihm schon freudestrahlend die Tür. Na ja, nicht ganz freudestrahlend. Irgendwie wirkte ihr Lächeln gequält.
Abdul bemerkte das offenbar nicht und umarmte sie.
Judith erwiderte die Umarmung. Eine Träne von ihr landete auf seiner Schulter. Abdul hielt sie für eine Freudenträne, doch eigentlich war es eine Träne der Verzweiflung.
Plötzlich vibrierte Abduls Handy. Es war eine Nachricht von Timon. Judith ist so süß, stand auf dem Bildschirm.
Abdul war verwirrt. Hatte Timon in seiner Abwesenheit mit Judith geturtelt? Waren sie geheim hinter Abduls Rücken ein Paar? Hatten sie ihn hinters Licht geführt?
Abdul drückte die Nachricht weg und steckte sein Handy zurück in die Hosentasche.
Judith, die heimlich mitgelesen hatte, faltete kurz die Hände und blickte zu Boden. Als sie Abduls verwirrten Blick bemerkte, setzte sie wieder das gequälte Lächeln auf. Ihr Blick huschte hilflos durch den Raum. Sie setzte zum Sprechen an, schloss den Mund aber wieder.
Abdul musterte sie. Etwas stimmte hier nicht, da war er sich sicher. Es gab etwas, das Judith und Timon ihm verheimlichten. "Judith", sagte er und baute sich vor ihr auf. "Was läuft zwischen dir und Timon?"
Judith zögerte. Dann platzte es aus ihr heraus: "Ich kann nicht ohne einen Freund leben. Um mir einen zu suchen, ging ich am Strand entlang. Ich wollte aber auch nur einen haben, solange du wegwarst. Danach wollte ich wieder mit dir zusammenkommen. Dann kam Timon auf mich zu. Ich konnte die Chance einfach nicht ungenutzt lassen und wir flirteten ein wenig. Aber ich kann dir versichern, dass Timon den Flirt angefangen hat. Dann schlug er mir das Datum für ein Date vor. Ich sagte zu und kam zum Date. Ich hatte gedacht, dass es nur ein erstes Kennenlernen-Date werden würde, aber so war es nicht. Als ich mich auf das Sofa in Timons Zimmer setzte, setzte er sich neben mich und begann, mich zu küssen und zu knutschen. Ich sprang auf, weil mir das zu viel war. Dann war Schluss." Die Sache mit Nek ließ Judith lieber weg. "Aber dich liebe ich noch!", schrie Judith entsetzt, weil sie auf die absurde Idee gekommen war, Abdul könnte denken, dass sie das nicht mehr tat.
Abdul musste das, was sie gesagt hatte, erstmal verkraften und verkrümelte sich in einer Ecke des Sofas. "Aber Timon war Schuld?", fragte er schließlich und musterte Judith, während er die Luft hörbar einsog.
"Ja, eigentlich wollte ich ihn auch gar nicht lieben. Aber er war so unwiderstehlich", sagte Judith. "Am Anfang dachte ich sogar, dass er extra unwiderstehlich sein wollte. Jetzt kommt mir dieser Verdacht sogar sehr logisch vor!"
"Na gut", sagte Abdul. "Aber Timon wird nicht mehr zu meinen Freunden zählen."
"Das ist gut", erwiderte Judith. "Ich will ihn auch nie wieder sehen."
Abdul schrieb eine Nachricht an Timon:
Ja, finde ich auch. Aber bitte trete mir nie wieder unter die Augen.☹ Du kennst die Gründe.
Abdul
Judith umarmte Abdul. "Abdul", flüsterte sie.
Abdul lud sie auf ein Eis ein.
Inzwischen war Maria wieder in den Bahamas angekommen. Aber nicht nur Maria, sondern auch der Koreaner, den sie kennengelernt hatte. Es hatte sich herausgestellt, dass er Min-Jun hieß und (was ja auch zu erwarten war) kein Deutsch konnte.
Als Maria mit Min-Jun in dem Hotel bei Paula und Eva ankam, waren diese nicht sonderlich begeistert von Min-Jun.
"Hallo Maria!", schrien sie.
Maria lächelte müde, doch plötzlich verzog sie das Gesicht. "Und kein Gruß an Min-Jun?"
"Was? Minze? Mineralwasser?", fragte Paula irritiert.
"MIN-JUN", sagte Maria betont. "Nicht Mineralminze... Mineralwasserminze."
"Peinlich", kommentierte Eva sinnlos.
Paula stieß sie mit dem Ellbogen in die Seite. "Ich glaube, dieser Minzen-Typ ist Marias Bruder. Oder vielleicht sogar ihr neuer Freund?"
"Peinlich alles." Eva kicherte.
Paula wandte sich wieder Maria zu. "Ah ja, Min-Jun. Und was will dieser Min-Jun hier? Ist das vielleicht eine Nudelart?"
"Ähem!" Maria räusperte sich geräuschvoll. "Mach keine faulen Witze über Min-Jun, nur weil er ein Asiate ist!"
"Ich bitte dich ja auch schon auf den Knien um Entschuldigung", scherzte Paula. "Aber ich wusste eben nicht, dass er unter deinem Schutz steht. Warum hast du ihn denn eigentlich überhaupt mitgebracht, diesen Min-Jun?"
"Gut, dass Min-Jun nicht verstehen kann, was du da alles beleidigendes über ihn sagst, Paula!", sagte Maria ernst.
Währenddessen verschwand Min-Jun hinter der Tür und kam mit Bob wieder.
"Warum hast du mir Bobby gestohlen?!", kreischte Paula. "Du Dieb!"
"Das ist doch nicht Bobby, das ist Bob!", sagte Maria. "Du wirst doch wohl wissen, wer dein eigener Hund ist und wer nicht!"
"Hä? Bob-By? Ich verstehe gar nichts mehr!"
"Uff." Maria verdrehte die Augen. "Ist doch ganz einfach: Das ist Min-Juns Hund Bob."
"Nachmacher!", zischte Paula. "Ganz gemeiner Nachmacher!"
Eva krümmte sich vor Lachen. "Peinlich, peinlich, peinlich, peinlich, peinlich."
Plötzlich leuchteten Marias Augen auf. "Nein, er ist tatsächlich kein Nachmacher! Sein Hund hieß schon vorher Bob! Das ist das Unglaubliche! Wir gehören zusammen, das beweist es ja gerade!"
Paula rollte mit den Augen. "Das musste ja kommen."
"Mal ganz ehrlich", fügte Eva hinzu, "ich versteh nicht, wie man Interesse an Min-Jun haben kann."
Auf Marias Gesicht erschien etwas trauriges. "Lasst den armen Min-Jun doch mal in Ruhe", sagte sie leise. "Ihr mobbt ihn voll. Aber ich bin mit ihm zusammen und daran soll sich nichts ändern. Ich liebe ihn."
"Peinlich!", schrie Eva.
"Na gut", sagte Paula. "Aber ich verlange, dass wir drei, Paula, Eva und Maria, auch eine oder mehrere Stunden pro Tag nur zu dritt die Zeit verbringen. Ganz ohne Min-Jun."
"Okay, abgemacht", sagte Maria enttäuscht. Dann erklärte sie Min-Jun auf koreanisch, was sie mit Paula und Eva vereinbart hatte.
Min-Jun fand das für den Anfang in Ordnung. Später aber schien er darunter zu leiden. Deshalb kürzte Maria ihre Paula-Eva-Maria-Stunden auf eine Stunde pro Tag. Höchstens. Damit war Min-Jun sehr einverstanden. Paula und Eva jedoch waren sehr verärgert. Daher machten sie sich öfters über ihn lustig oder ärgerten ihn. Außerdem fanden sie, dass er komisch aussah. Doch nach einer Weile hatten sie sich an ihn gewöhnt und akzeptierten es, dass Maria mit ihm zusammen war. Das hieß aber nicht, dass sie immer nett zu ihm waren.
Nachdem Aloscha überstürzt das Haus verlassen hatte, lag Tanja benebelt, aber wütend am Boden. Sie hatte sich geprügelt, weil sie noch besoffen waren. Tanja hatte Aloscha gesagt, er solle keinen Wodka mehr trinken, daraufhin hatte er drauflosgeprügelt und sie hatte mitgeprügelt. Ihre letzten Worte zu Aloscha bevor er gegangen war waren gewesen: "Geh ruhig zu Natascha!"
Nun lag sie halb k.o. auf dem Boden inmitten von Glassplittern und Wodkapfützen und schrie und schimpfte auf russisch die schlimmsten Beleidigungen, die sie kannte. Aber sie war nicht die einzige, die am Boden lag. Auch Isabella lag bäuchlings, Arme und Beine von sich gestreckt, auf dem Boden, allerdings in ihrem Teil des Zimmers. Mit letzter Kraft robbte sie mühsam zu einem kleinen Tisch, den Tanja immer "Opferaltar" nannte. Dort sammelte sie die Schmuckstücke, die Tanja ihr fürs Bedienen gab. Sie betrachtete die kelinen hübschen Dinger und ihr fiel auf, wie wenig wert sie eigentlich waren im Gegensatz zu dem, was sie für Tanja und Aloscha machte.
Auf ihrem orangenen Kleid waren Flecken vom Wodka, mit dem Aloscha sie und Tanja zur Rache beworfen hatte und ihre inzwischen zotteligen Haare klebten an ihrem Kopf.
Sie stand auf und ging zu Tanja. "Ich werde den Schmuck Aisulu geben", sagte sie.
"Feiges Schwein! Warum tust du das?!", schrie Tanja schrill.
"Er hat keinen Wert", sagte Isabella.
"Mieser Mensch! Das ist ein Hinterhalt!", kreischte Tanja.
"Es ist kein Hinterhalt, aber ich möchte diesen Schmuck nicht behalten. Er hat keinen Wert!"
"Du Hanswurst! Weißt du eigentlich, was du mir gerade antust?!", schrie Tanja.
Als ob sie eine Erleuchtung gehabt hätte, sagte Isabella: "Ich werde unabhängig. Mir ist vorher nie aufgefallen, wie abhängig ich von dir geworden bin."
"Freundschaftsbruch! Vertrauensbruch!", brüllte Tanja.
"Ja, das ist es", sagte Isabella traurig.
"Na, geschieht dir auch recht, dass du ihn Aisulu gibst. Die ist immerhin besser als du. Dann bist du hässlich, hä, hä!"
"Ja, das ist sie", sagte Isabella. "Für dich. Aber ich will auch nicht schön sein. Ab jetzt will ich hässlich sein. Und ich schwöre, dass ich mir nie Ohrlöcher stechen werde, mir ab heute nie wieder von alleine die Haare kämmen werde und sie mir auch nie schneiden werde, ohne mir zugleich auch den Hals abzuschneiden."
"Du bist ekelhaft!", kreischte Tanja und rannte aus dem Haus.
"Warte! Ich werde dich Aisulu zeigen. Die ist zurzeit zufälligerweise in Florida", rief Isabella.
Bald darauf erreichten die beiden Florida und standen in dem Haus, in dem sich Isabellas kleine Schwester Aisulu Natalya Zharkylsynsyn befand. Sie war einen Kopf größer als Isabella und doch war sie jünger. "Wen haben wir denn da?", fragte sie.
"Tanja!", zischte Tanja und pfefferte die Schmuckstücke rücksichtslos in Isabellas große, braune, raue, verkohlte Hand.
Isabella reichte die Schmuckstücke Aisulu und sang dabei (und das war das erste Mal, dass Tanja Isabella singen hörte):
"Aisulu Natalya,
so schön wie der Mond."
Aisulu legte sich den Schmuck um.
Als Tanja Aisulu sah, wurde ihr klar, wie viel schöner Aisulu war als Isabella: Sie hatte einen schlanken, hochgewachsenen Körper mit langen, weißen Beinen und Armen und einem perfekten, geometrischen Kopf. Ihre Wimpern waren lang und rabenschwarz. Sie hatte rote, volle Lippen, hinter denen sich weiß blitzende Zähne verbargen. Ihre Wangen waren puderrosa, ihre Nase geometrisch und spitz, ihre Haare waren lang und lockig und wurden von oben bis unten immer heller. Sie trug ein schickes Outfit und saubere Schuhe.
Isabellas Haut war rau, schuppig, gelb, windegegerbt, fleckig und mit vielen Muttermalen und kleinen Pickeln übersät. Ihre Augen waren klein und braun, ihre Haare waren schwarz und zottig und reichten ihr nur bis zu den Schultern. Ihre Nase war klein, platt und hässlich, ihr Mund schmal, bleich und trocken. Ihr Kopf war nicht geometrisch, ein wenig schief, kantig und platt. Ihre Arme und Beine waren im Gegensatz zu Aisulus kurz und behaart. Ihre Schultern waren breit und nicht gleichmäßig. Sie war nicht geschminkt und hatte keine Ohrlöcher. Sie trug ein fleckiges, orangenes Kleid, um den Bauch ein dunkelrotes Band und braune, schmutzige, zerfranste Stiefel. Ihre Fingernägel waren gelb und uneben, Aisulus waren lang und lackiert.
Aisulu war schön und Isabella war hässlich.
Isabella klopfte Tanja auf die Schulter, sagte "Tschüs" auf kasachisch und ging. Nach Kasachstan.
"Tschüs, Isabella", murmelte Aisulu.
Zarah und Nandre klingelten.
Die Tür wurde ihnen persönlich geöffnet.
"Nandre Schuhmacher", sagte Nandre.
"Zarah Schuhmacher", sagte Zarah.
Die beiden mussten sich viel Mühe geben, ihre Erstauntheit zu verbergen: Vor ihnen stand der Bruder des Kellners, der Mann, der Nandre im letzten Jahr in dem Restaurant niedergeschlagen hatte. Er schien Zarah und Nandre auch wiedererkannt zu haben. "Rächen Sie sich nicht", sagte er. "Ab jetzt wollen wir kooperieren und vergessen, dass Sie meinem Bruder kein Trinkgeld geben wollten. Folgen Sie mir."
Zarah und Nandre folgten dem bärtigen Mann eine Treppe hoch zu einer gut abgesicherten Tür.
Der Bruder des Kellners tippte kurz auf einem kleinen Blidschirm herum, wartete kurz, scannte seinen Fingerabdruck, bückte sich nach einem sehr sicheren, großen Schloss an der Tür, gab so blitzschnell eine komplizierte Zahlenkombination ein, dass Zarah und Nandre nicht einmal Zeit hatten, hinzuschauen, machte die Tür auf, ließ Zarah und Nandre eintreten und schloss die Tür wieder. Dann stellte er das Ehepaar Schuhmacher seinem Bruder, der auf einem großen Sessel saß, vor.
Der Kellner beäugte die beiden, dann sagte er: "Schwört, dass ihr keine Spione oder Betrüger seid. Ich weiß nämlich nicht, ob ihr beim Telefonat etwas über Kreuz hattet."
"Wir schwören, dass wir keine Spione oder Betrüger sind", sagte Nandre mit seiner beschwörenden Stimme.
Zarah starrte den Mann mit ihrem hypnotischen Blick an.
Beide hatten nichts über Kreuz.
Der bärtige Kellner sagte, von der Hypnose noch immer etwas benommen: "Gut, werdet meine Rechtsanwälte. Ich bin Klaus Fischer." Er stand auf und öffnete eine unscheinbare Tür zu einem kleinen Raum, in dem eine Menge von bedrohlich oder zwielichtig aussehenden Menschen stand.
Klaus Fischer betrat gefolgt von Zarah und Nandre den Raum. "Das ist meine Mafia", erklärte er. "Ich bin der Boss."
Einer von den bedrohlichen Leuten gab ihm eine Liste.
"Ah ja", sagte Klaus Fischer. "Hier ist die Liste von unseren größten Coups und geplanten Coups.
Beendet:
1. Kindsentführungen, 2. Babyraub, 3. Mord
Geplant:
1. RACHE an Charlotte (MORD) , 2. Merle foltern/töten, (!!!), 3. Banküberfall
Nandre, der die Liste gelesen hatte, gab den hohen, hypnotischen Ton von sich und teilte Zarah in Gedanken mit: Aha! Die sind ja richtig schön kriminell! Und wir auch... Ich habe schon einen Plan, wie wir heute Abend mit Hilfe unserer hypnotischen Kräfte an Geld kommen können.
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